Nur wenige Menschen können von sich behaupten, dass sie noch nie in ihrem Leben Kopfschmerzen hatten. Die Zahlen sprechen für sich: Über 70 Prozent der Bevölkerung gibt bei Befragungen an, öfter Kopfschmerzen zu haben. Das betrifft allein in Deutschland etwa 58 Millionen Menschen.
Insgesamt werden heute ca. 220 verschiedene Kopfschmerzarten unterschieden. Die häufigste Form, der Kopfschmerz vom Spannungstyp, ist für ~ 54 Prozent aller Kopfschmerzleiden verantwortlich, gefolgt von der Migräne mit ~ 38 Prozent. Bei den übrigen 8% handelt es sich um andere Kopfschmerzen, wie z. B. Clusterkopfschmerzen, Kopfschmerzen bei Kopfverletzungen, bei Stoffwechsel- und Blutgefäßerkrankungen sowie medikamenteninduzierte Kopfschmerzen.
Für etwa 80% der Personen, die unter Spannungskopfschmerzen leiden und 95% der Migräne-Betroffenen stellen die Schmerzen eine deutliche Einschränkung ihres Befindens dar, die auch zur Reduzierung der Arbeitsfähigkeit führen können.
Auch Kinder bleiben von Kopfschmerzen nicht verschont.
Nach einer Umfrage mit über 5.000 Schulkindern in Wuppertal hatten bereits 90 Prozent der 9-jährigen Erfahrungen mit Kopfschmerzen. Jedes zehnte Schulkind ist nach der Studie wöchentlich oder sogar täglich davon betroffen.
Der Schmerz ist eine Sinneswahrnehmung unterschiedlicher Ausprägung. Er kann beispielsweise leicht oder stark, stechend, ziehend oder brennend sein. Bei Kopfschmerzen können verschiedene Stellen schmerzen, zum Beispiel der Stirn-, Schläfenbereich oder auch der gesamte Kopf.
Schmerzen bereitet das Netzwerk von Nerven, das sich unter der Kopfhaut befindet. Auch bestimmte Nerven im Gesicht und im Halsbereich können Schmerzen ausstrahlen, ebenso wie die Kopfmuskeln und die Blutgefäße im Gehirn, da sie Nervenfasern enthalten bzw. von Nervenfasern umgeben sind.
Der Schädelknochen und das Gehirn selbst ist davon nicht betroffen, weil sich dort keine schmerzempfindlichen Nervenfasern befinden. Die freien Endungen der schmerzempfindlichen Nerven, Schmerzrezeptoren oder Nozizeptoren genannt, werden durch Stress, Muskelverspannungen, erweiterte Blutgefäße und andere Schmerzauslöser gereizt. Der so stimulierte Schmerzempfänger sendet eine Botschaft über die Nervenfasern an die Nervenzellen im Gehirn. Das Signal besagt, das eine bestimmte Körperstelle z.B. der Stirnbereich schmerzt.
Die Information über das Schmerzereignis kann im Gehirn beeinflusst werden, beispielsweise durch körpereigene schmerzhemmende chemische Substanzen, die Endorphine. Es wird angenommen, dass Personen mit häufigen Kopfschmerzen oder anderen chronischen Schmerzzuständen weniger Endorphine produzieren als weitgehend schmerzfreie Personen.
Der Spannungskopfschmerz ist mit 54 Prozent Anteil an allen Kopfschmerzleiden die häufigste Kopfschmerzform. Er lässt sich als dumpf-drückend oder ziehend charakterisieren. Fast jeder Erwachsene hat in seinem Leben schon einmal unter Spannungskopfschmerzen gelitten.
Tritt dieses Phänomen nur an etwa 1 bis 2 Tagen im Monat auf, so spricht man in Fachkreisen vom episodischen Spannungskopfschmerz. Der chronische Spannungskopfschmerz zeichnet sich dadurch aus, dass er im Schnitt alle 2 Tage auftritt oder sogar zum täglichen Begleiter geworden ist. Im Gegensatz zur Migräne und zur episodischen Verlaufsform nimmt der chronische Kopfschmerz vom Spannungstyp mit dem Lebensalter zu.
Bis heute weiß man jedoch nicht genau, wodurch die Spannungskopfschmerzen verursacht werden. Vermutlich sind an der Entstehung mehrere Faktoren beteiligt, beispielweise Stress im Beruf, zu wenig Schlaf oder auch Verspannungen im Hals- und Nackenbereich. Beobachtet wird dabei häufig eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit der Muskulatur im Kopf- und Gesichtsbereich - ein Zeichen dafür, dass die Schmerzverarbeitung im Gehirn gestört ist.
Der bei der Übertragung von Reizen beteiligte Botenstoff Serotonin scheint hierbei eine Schlüsselrolle zu spielen: Sind die Serotoninspeicher im Gehirn gut gefüllt, ist das Schmerzempfinden normal. Wird aber zu wenig Serotonin produziert oder ist der Verbrauch zu hoch, so sinkt vermutlich die Schmerzschwelle im Gehirn, die Empfindlichkeit wird gesteigert und schon der kleinste Reiz wird als Schmerz spürbar. Viele unterschiedliche Prozesse können den Serotoninhaushalt stören und einen zu hohen Serotoninverbrauch bewirken.
Im Allgemeinen können sich die geleerten Serotoninspeicher durch Ruhe und Entspannung wieder füllen. Allerdings ist dies bei chronischem Spannungskopfschmerz nicht der Fall: Der Serotoninmangel wird zum Dauerzustand.
Schmerzlokalisation und Charakteristik
Der Spannungskopfschmerz beginnt oftmals im Hinterkopf oder im Stirnbereich und breitet sich von dort über den gesamten Kopf aus. Es können eine oder beiden Seiten des Kopfes betroffen sein. Der leichte bis mäßig starke Schmerz wird als dumpf, drückend oder ziehend empfunden und kann unbehandelt zwischen 30 Minuten und 7 Tagen andauern.
Mögliche Auslöser für Spannungskopfschmerzen
Als Migräne wird ein in bestimmten Zeitabständen regelmäßig wiederkehrender starker Kopfschmerz, der meist als pochend oder stechend empfunden wird, bezeichnet.
Migräne ist eine häufige Erkrankung; nach Schätzungen sind in Deutschland ca. 32 Prozent der Frauen und 22 Prozent der Männer betroffen, wobei die Migräne im zunehmenden Alter in beiden Gruppen weniger häufig auftritt. Die komplexe neurologische Erkrankung wurde in den vergangenen Jahren "jünger": immer mehr Kinder leiden schon unter Migräne.
Die Ursachen für das quälende Gewitter im Kopf sind noch nicht vollständig erforscht - genetische Veranlagung und Umwelt können gleichermaßen Einfluss haben.
Das "Migränegehirn" besitzt einen höheren Grad an Aufmerksamkeit, bestimmte Reize aufzunehmen. In vielen Situationen können Migräneveranlagte daher aber auch besondere Leistungen erzielen.
Bei etwa zehn Prozent der von Migräne Betroffenen gehen den Schmerzattacken ein Flimmern oder helle Lichtblitze vor den Augen bis hin zu Sensibilitätsstörungen, Lähmungserscheinungen und Schwindel voraus, die so genannte Aura. Diese Aura kann bis zu 60 Minuten anhalten.
Der anfallsartig auftretende Schmerz lässt sich als pochend, pulsierend oder hämmernd beschreiben. Oft beginnt der Schmerz im Nacken und konzentriert sich dann meist auf eine Seite des Kopfes, kann aber durchaus auch die Seite wechseln.
Unbehandelt kann der Schmerz zwischen 4 und 72 Stunden andauern. Er ist von mittlerer bis hoher Intensität und nimmt bei körperlicher Aktivität zu, so dass arbeiten oder ein geregelter Tagesablauf nicht mehr möglich sind. Schon bei kleinsten Anstrengungen, wie sich bücken oder Treppen steigen, scheint der Kopf zu explodieren. Häufig wird die Migräne von Übelkeit und heftigem Erbrechen begleitet. Viele Patienten reagieren empfindlich auf Lärm, Licht und Gerüche.
Mögliche Auslöser für Migräneattacken (Triggerfaktoren)
Es gibt eine Vielzahl von Reizen - so genannte Triggerfaktoren -, die eine Migräne auslösen können. Welche Faktoren in welcher Kombination dafür in Frage kommen, ist individuell verschieden. Anders gesagt: Was bei einer Person keine Auswirkungen hat, kann bei einer anderen zu einer schweren Migräneattacke führen.
Wichtig: Versuchen Sie, Ihre persönlichen Auslöser zu erkennen, um diese dann gezielt vermeiden zu können. Hierzu hilft Ihnen das Führen eines Kopfschmerz-Tagebuchs.
Als Cluster-Kopfschmerz werden schwerste Schmerzattacken bezeichnet, die periodisch gehäuft auftreten (cluster, engl. = Anhäufung). Der Cluster-Kopfschmerz tritt überwiegend bei Männern auf (Verhältnis Männer / Frauen = 4:1).
Cluster-Kopfschmerzen - Schmerzlokalisation und Charakteristik
Streng halbseitige Schmerzen im Augen-, Stirn- und/oder Schläfenbereich, stark bis unerträglich, stechend, bohrend.
Häufigkeit und Dauer1-3 Episoden/Jahr, über 2-6 Wochen, von 1 Attacke jeden zweiten Tag bis zu 8 Attacken pro Tag, Attackendauer von 30 bis 90 Minuten
Zeitpunkthäufig gleiche Uhrzeit, meist nachts
AuslöserAlkohol, Nikotin, blendendes Licht
BegleitsymptomeRötung des Auges, hängendes Lid, Pupillenverengung, Tränenfluss, Gesichtsschwitzen- und röte, Verstopfung des Nasenlochs oder vermehrtes Nasenlaufen in der betroffenen Gesichtshälfte
BehandlungInhalation von 100prozentigem Sauerstoff (7 Liter pro Minute), Xylocain (lokal intranasal), Dihydroergotamin (subkutan, d. h. unter die Haut), Sumatriptan (subkutan), Zolmitriptan Nasenspray
Allgemeine Verhaltenstipps
Entspannungstipps
Wann unbedingt zum Arzt?
Wenn in Verbindung mit Kopfschmerzen eine oder mehrere der folgenden Beschwerden und Symptome auftreten, suchen Sie bitte einen Arzt auf.
Um sich richtig zu verhalten und die Kopfschmerzen zu behandeln, sollte Sie Ihren Kopfschmerztyp kennen.
Bei Kopfschmerzen stehen vielfältige Methoden zur Schmerzbekämpfung und -vorbeugung zur Verfügung. Neben Schmerzmitteln können auch nicht-medikamentöse Behandlungsformen das Auftreten von Schmerzattacken verringern.
Es gibt außerdem eine ganze Reihe von Entspannungsmethoden und Hausmitteln, die von den einen befürwortet, von anderen abgelehnt werden, weil sie nicht wissenschaftlich geprüft sind. Welche Methoden und Mittel Ihnen gut tun, finden Sie am besten selbst heraus, denn: was Ihnen hilft, kann bei jemand anderem seine Wirkung verfehlen.
Daneben gibt es allgemeine Verhaltensregeln, die zur Vorbeugung von Kopfschmerzen eingehalten werden sollten.
Für den Fall, dass Ihre Kopfschmerzen regelmäßig wiederkehren oder über längere Zeit unverändert stark andauern, sollten Sie unbedingt einen Arzt aufsuchen, um die Ursache abzuklären und ggf. eine geeignete Behandlung zu beginnen.
Medikamentöse Behandlung
Zur Selbstmedikation bei gelegentlichen leichten bis mittelschweren Kopfschmerzen werden vor allem rezeptfreie Medikamente aus der Apotheke verwendet.
In erster Linie werden zur Selbstmedikation drei Substanzen empfohlen: Paracetamol, Ibuprofen und Acetylsalicylsäure (ASS). Alle genannten Wirkstoffe hemmen die Bildung von bestimmten Gewebshormonen, den Prostaglandinen, im Körper. Die Prostaglandine sind an der Entstehung von Schmerzen, Fieber und Entzündungen beteiligt. Sie aktivieren das Wärmezentrum im Gehirn und sensibilisieren die Schmerzrezeptoren.
Paracetamol (enthalten in vivimed und vivimed N) wirkt schmerzstillend und fiebersenkend, kaum entzündungshemmend.
Ibuprofen (enthalten in Ibu 400 Dr. Mann) wirkt schmerzstillend, entzündungshemmend und fiebersenkend.
Acetylsalicylsäure (ASS) wird zur Schmerz- und Fieberbekämpfung und in hohen Dosen auch bei rheumatischen Entzündungen eingesetzt.
Coffein verstärkt die Wirkung von Paracetamol und ASS. Es verengt die Hirngefäße und hilft auf diese Weise gegen Kopfschmerzen.
Bei Migräneanfällen mit Übelkeit und Erbrechen sollte vor der Anwendung eines Schmerzmittels (Analgetikums) zunächst die Einnahme eines Antiemetikum (Mittel gegen Übelkeit) mit dem Wirkstoff Metoclopramid oder Domperidon erfolgen. Hiermit können gezielt die Symptome Übelkeit und Erbrechen reduziert werden und die Magen- und Darmaktivität normalisiert sich wieder. Das Antiemetikum kann die Aufnahme des Schmerzmittels beschleunigen.
Bei schweren Migräneattacken, bei denen ein rezeptfreies Analgetikum zu keiner Besserung der Beschwerden führt, sollten Präparate eingesetzt werden, die vom Arzt verschrieben werden. Mittlerweile steht eine Vielzahl an Triptanen zur Verfügung - hierbei handelt es sich um Substanzen, die direkt an den entzündeten Blutgefäßen des Gehirns wirken, wo der Schmerz entsteht. Zu den Triptanen gehören Sumatriptan, Zolmitriptan, Naratriptan, Rizatriptan, Almotriptan, Elitriptan und Frovatriptan, die teilweise als Tablette, Fertigspritze, Nasenspray oder Zäpfchen angewendet werden können.
Bei regelmäßig wiederkehrenden, auffällig starken oder chronischen Schmerzen sollten Sie unbedingt einen Arzt aufsuchen, um die Ursachen abzuklären und ggf. die Behandlung nach einem individuell erarbeiteten Plan zu beginnen. In der Regel behandelt der Hausarzt die Kopfschmerzen. Bei komplizierteren Fällen sollte jedoch ein Facharzt für Nervenkrankheiten (Neurologe) oder ein Schmerztherapeut hinzugezogen werden.
Grundsätzlich sollten weder apothekenpflichtige noch verschreibungspflichtige Schmerzmittel wahllos eingenommen werden, bitte fragen Sie Ihren behandelnden Arzt oder Ihren Apotheker nach Nebenwirkungen, Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten und weiteren Risiken.